Unsere Forderungen

Über gesellschaftliche Aspekte der Corona Pandemie

Mit dem Ausbruch der covid-19 Pandemie setzt sich gerade eine weltweite Gesundheitskrise in Gang. Ausgehend von den Maßnahmen zur Eindämmung der Krankheit zeichnet sich schon jetzt außerdem eine neue Wirtschaftskrise ab. Hauptleidtragende dieser Wirtschaftskrise werden all jene Menschen sein, die auf einen regelmäßigen Lohn oder Sozialleistungen angewiesen sind. Denn bricht die Wirtschaft zusammen, müssen die Unternehmen die laufenden Kosten minimieren. Solche Einsparungen treffen immer zuerst die in den Unternehmen arbeitenden Angestellten. Dies geschieht in Form von Lohnkürzungen, Kurzarbeit oder Entlassungen. Da der Zugang zu lebenswichtigen Dingen wie Wohnraum, Lebensmitteln oder Gesundheit in dieser Gesellschaft nur mit Geld zu haben ist, bedeutet dies für viele Menschen eine existenzielle Bedrohung.

Als aller erstes und am härtesten trifft es in einer Krise diejenigen, die keine oder eine gering bezahlte Arbeit haben. Dies zeigt sich bereits und offenbart für die Menschen schwerwiegende Folgen. So schließen Hilfenetze durch die Wohnungslose einen Zugang zu Duschen, warmen Mahlzeiten oder Kleidung bekommen, weil die Ansteckungsgefahr zu hoch ist oder ehrenamtliche Helfer*innen häufig zur Risikogruppe gehören. Die Betroffenen werden allein gelassen. Auch die Tafeln, die in Deutschland regelmäßig von 1,6 Millionen Menschen besucht werden, haben vielerorts geschlossen. Für die darauf angewiesenen Personen stellt dies eine existenzielle Bedrohung dar. Außerdem haben die Hamstereinkäufe der letzten Wochen dafür gesorgt, dass günstige Lebensmittel häufig ausverkauft sind. Für diejenigen, die Honorartätigkeiten, Mini- oder Gelegenheitsjobs nachgehen ist die Situation bereits jetzt kritisch. Zahlreiche Veranstaltungsabsagen oder Schließungen von Cafés und Restaurants bedeuten für viele von heute auf morgen keine Einkünfte mehr und somit einen leeren Geldbeutel. Auch Menschen die zuvor vermeintlich sicher wirkenden Arbeitsverhältnisse wie z.B. bei Volkswagen hatten, fürchten sich plötzlich vor Kündigungen und Kurzarbeit; plötzlich befinden auch sie sich in der Abhängigkeit von staatlichen Leistungen. Es wird also deutlich, dass für viele Menschen die häusliche Quarantäne und das Kontaktverbot nicht von Freude über freie Zeit zum Sprachen lernen oder renovieren, sondern von Angst geprägt ist. Zum einen durch die wirtschaftliche Bedrohung, zum anderen jedoch auch weil die eigenen vier Wände weitere Gefahren bedeuten: psychische Erkrankungen verschlimmern sich und häusliche Gewalt nimmt zu. Bereits jetzt wurde bekannt gegeben, dass die häusliche Gewalt in Berlin seit dem 1. März um zehn Prozent zugenommen hat. Und dies sind nur die gemeldeten Fälle. Dem hinzukommend wird der dringend erforderliche Zugang zu Hilfsangeboten sowohl für Menschen mit psychischen Erkrankungen, als auch für Betroffene von häuslicher Gewalt immer schwerer.

Während also die Menschen dringlichst angehalten werden zuhause zu bleiben, gibt es auch noch eine andere Seite: unzählige Menschen müssen jeden Tag weiter zur Arbeit und sich damit einem erheblichen Gesundheitsrisiko aussetzen. Während schwerste Grundrechtseingriffe wie Versammlungsverbote beschlossen werden, bleiben viele Betriebe unangetastet. So gibt bisher noch nicht einmal einheitliche Vorschriften die festlegen, welche Maßnahmen Unternehmen treffen müssen um die Beschäftigten zu schützen. Dabei sollten aktuell eigentlich so wenig Menschen wie möglich in die Großraumbüros und Produktionshallen müssen, um der rasanten Ausbreitung des Virus wirklich entgegen zu wirken.

Gerade an den Orten, an denen der Ausbruch bisher am schlimmsten ist, kämpfen die Beschäftigten jedoch auch dafür, dass die Profite nicht länger über ihre Gesundheit gestellt werden. Im Baskenland haben beispielsweise 5000 Beschäftigte von Mercedes mit einem Streik die Schließung des Werks erzwungen.

Viele Menschen haben gerade Angst vor dem Verlust ihres Jobs, andere Berufsgruppen sind chronisch überlastet. So unter anderem das Personal im Gesundheits- und Pflegebereich. Unabhängig vom Corona Virus herrscht seit Jahren ein Pflegenotstand in Deutschland. Grund dafür ist, dass auch das Gesundheitssystem unter neoliberalen Sparpolitiken zu leiden hat. Der Gesundheitssektor wurde verstärkt der kapitalistischen Profitlogik ausgesetzt. Wirtschaftliche Effizienz mutierte zum handlungsleitenden Kriterium. Betriebskosten mussten im Zuge dessen gesenkt werden. Die effektivste Stellschraube stellt hierbei der Lohn der Angestellten dar. Schlechte Bezahlung und Stellenabbau, vor allem in der Pflege sind die bekannte Folge. Dies spitzt sich vor allem in jenen Einrichtungen zu, in denen es zur Privatisierung gekommen ist. Nach wie vor sind es vor allem Frauen, die in Pflegeberufen arbeiten und unter den dort herrschenden Verhältnissen leiden. In Zeiten des Coranavirus bahnt sich hinzukommend eine riesige wieder aufklaffende Pflegelücke an. Es ist jene, die sonst durch Frauen, häufig aus Osteuropäischen Staaten, die in vielen deutschen Privathaushalten als 24-Stunden-Pflege-und-Betreung angestellt sind, gefüllt wird. Dies wird vom deutschen Staat seit Jahren geduldet, trotz starken arbeitsrechtlichen Mangeln. Viele dieser Frauen können jedoch schon jetzt nicht mehr zum Arbeiten nach Deutschland kommen, was folglich dazu führt, dass pflegebedürftige Menschen ohne Unterstützung dastehen. Expert*innen schätzen, dass bis zu 300.000 deutsche Haushalte davon betroffen sind.

Neben der Tatsache, dass die Krise vor allem Lohnabhängige trifft, spielen auch Nationalismus und Rassismus eine bedeutende Rolle. Schon jetzt können wir beobachten, dass die Länder Südeuropas, die im Zuge der letzten Finanzkrise zum Kaputtsparen ihrer Gesundheitssysteme gezwungen waren, deutlich härter getroffen und von den anderen EU-Staaten weitestgehend allein gelassen werden.
Gleichzeitig stoppt Deutschland die Ausfuhr von Waren wie Atemschutzmasken und die gesamte EU schottet sich weiter vom Rest der Welt ab.

Die Situation der vielen Geflüchteten ist dramatisch, denn sie werden von der Corona Pandemie besonders betroffen sein. Nicht nur, dass das Virus von Rassist*innen genutzt wird, um eine weitere Abschottung zu fordern und das Grundrecht auf Asyl weiter zu beschneiden. In den komplett überfüllten Geflüchtetenlagern gibt es weder eine sichere Wasserversorgung noch Medikamente. Darüber hinaus ist Social Distancing in Lagern wie z.B. Moria auf Lesbos in dem 20.000 Menschen auf engstem Raum zusammenleben schlichtweg nicht möglich. Zurzeit sitzen allein auf den griechischen Inseln 42.000 Menschen in Lagern fest.

Die in diesem Text aufgeworfenen Auswirkungen sind nur einige von vielen. Bereits jetzt also ist die Lage für viele Menschen bedrohlich, dabei ist ein Ansteigen der Fallzahlen zu beobachten. In einer solchen Zeit ist es wichtig seinen Mitmenschen gegenüber solidarisch zu sein und dies bedeutet auch die bestehenden Missstände gemeinsam zu kritisieren!

Es ist klar, dass eine globale Pandemie jede Gesellschaft vor Probleme stellen würde. In einer Gesellschaft jedoch, in der nicht das Profitstreben aller Bereiche im Fokus stehen würde, wären Maßnahmen gegen die Probleme leichter zu treffen. So könnte gemeinschaftlich darüber entschieden werden, welche Arbeit gerade von besonderer Notwendigkeit ist und die Arbeit in anderen Bereichen würde, um eine weitere Ausbreitung der Krankheit zu verhindern, stillgelegt werden. Niemand müsste mehr Angst vor Lohnausfällen oder Jobverlusten haben, weil die Güter nach den Bedürfnissen der Menschen produziert und verteilt werden würden und nicht nach der Zahlungsfähigkeit. Jetzt und hier sehen wir den Schlüssel in der Gegenseitigen Hilfe und Unterstützung. Im Kleinen, indem wir uns in der Nachbarschaft vernetzen, Kranke und Menschen, die der Risikogruppe zugehörig sind unterstützen, sowie bei Tätigkeiten wie Kinderbetreuung usw. unsere Hilfe anbieten. Aber auch im Großen, indem wir Forderungen stellen, die über die Zeit der Corona Pandemie hinaus von Bedeutung sind:

Unterstützung von Arbeitskämpfen im Gesundheitsbereich!
• Pandemiezulage und Lohnerhöhungen auch nach der Zeit der Pandemie.
• Die Ökonomisierung der Gesundheit und Pflege stoppen.

Gesundheitsversorgung für alle!
• Kostenlosen Zugang zu medizinischer Versorgung.

Aussetzen der Mieten!
• Zwangsräumungen verhindern!
• Öffnung von Leerstand und sichere Unterkünfte für alle! Besonders für Wohnungslose, Geflüchtete und die Betroffenen von häuslicher Gewalt.

Refugees Welcome – Evakuierung der Geflüchteten aus den EU-Flüchtlingslagern!
• Kompletter Abschiebestopp. Entlassung aller Menschen, die in Abschiebeknästen festgehalten werden.

Schließung aller nicht versorgungsrelevanten Betriebe bei vollem Lohnausgleich! Keine Sanktionen und Maßnahmen in der Sozialhilfe!

Aufrechterhaltung und Ausbau von Therapieangeboten für psychisch Erkrankte und Hilfsangeboten für Betroffene von häuslicher Gewalt!